Ein Mann, zwei Gesichter
Foto: johannesspreter - Fotolia
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Von Wolfgang Degen
MORD OHNE LEICHE -PROZESS Der Angeklagte Emmanuel B. gab sich nach außen traurig und verzweifelt, im Verborgenen tobte er sich aus
WIESBADEN - Eine Explosion hinterlässt Spuren. Im konkreten Fall sind die Spuren der Explosion aber zunächst sehr schwer auszumachen, und als sie dann von einem Informatik-Spezialisten in den Reihen der Polizei gefunden und den Ermittlern zugänglich gemacht werden, ist ihre Wirkung verheerend. Aber nur für die Verteidigung. Was soll sie jetzt noch ins Felde führen?
Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage als juristische Vertretung der Eltern des Opfers sehen sich mit den Spuren bestätigt in dem, was die Anklage vorwirft: Emmanuel B. soll seine Frau Britta getötet haben. Zweifelsfrei wurde die 37-Jährige das letzte Mal am Abend des 16. Februar 2014 lebend gesehen. Da brachte sie den Müll vors Haus in Wambach. Der Fall gilt in der Öffentlichkeit als „Mord ohne Leiche“.
Zeitnah zum angenommenen Tattag, dem besagten 16. Februar 2014, und vor allem in den Tagen danach, ist Emmanuel B. als Mann förmlich explodiert. Das hat massenhaft Niederschlag gefunden im Internet und mit SMS. Digitale Spuren, die er löschen wollte.
Er, der technisch so Versierte, hat aber die Technologie auch an dieser Stelle unterschätzt. Wie bei dem physikalischen Vorgang einer Explosion setzt auch der Geschäftsmann vor allem nach dem angenommenen Tattag Energien frei. Testosterongesteuerte. Es geht vor allem um Frauen, es geht um Sex. Er tummelt sich auf einschlägigen Seiten. Zeitweise ist er bei vier Anbietern von Datingseiten angemeldet. Emmanuel B. lebt sich aus, als wolle er nachholen. Er wirkt getrieben, aber auch ge- und erlöst, als wäre eine Blockade genommen.
Vor allem aber lassen die Spuren nicht den Schluss zu, dass hier ein Mann um das Schicksal seiner als vermisst geltenden Frau bangt, dass er vor wirklicher Sorge fast wahnsinnig wird. Wer die digitalen Spuren, wie im Prozess geschehen, hört und liest, neigt dem Eindruck zu: Hier hat jemand gewusst, dass das frühere gemeinsame Leben mit Britta ein für allemal ein Ende hat. Weil es diese Frau nicht mehr gibt.
Die digitalen Spuren entlarven Emmanuel B. als Mann der zwei Gesichter. Einerseits ist da der von Zeugen als höflich und lieb beschriebene „Manu“, so sein Kosename. „Zugänglich und normal“, beschreibt eine Zeugin. „Ich kann nur das Beste sagen.“ Aufmerksam und fürsorglich auch zur eigenen Frau Britta. Die Verteidigung legt großen Wert darauf, dass diese allseits vorgebrachte Wertschätzung nicht untergeht. Was aber ist sie wert bei der Gesamtbetrachtung am Schluss?
Nach dem spurlosen Verschwinden beteuert „Manu“, wie sehr er Britta vermisse, wie sehr er sie doch liebe. Mit ihr habe auch sein Leben seinen Sinn verloren, Worte eines tief verzweifelt Wirkenden, den die selbst sehr besorgten Schwiegereltern trösten müssen. Sie trösten einen Schauspielenden. Das steht fest. Diese Täuschung mit Gefühlen macht den unermesslichen Schmerz der Eltern von Britta B. noch größer.
Nach 15 Tagen Beweisaufnahme vor der Schwurgerichtskammer hat sich ein zweites Gesicht dieses „Manu“ herausgeschält – und es ist eines, das Angst macht. Nach dem Zwischenergebnis verdichtet sich in Anbetracht der Indizienfülle nicht nur der Vorwurf der Anklage, es werden auch grausige Szenarien erhärtet: „Manu“, dieser so weich wirkende Mann, soll die Leiche seiner Frau wie ein Stück Wild zerstückelt, Knochen zersägt und alles entsorgt haben. Hat er, der aus dem Restaurantfach kommt, sich deswegen im Internet mit einschlägigen Suchbegriffen noch weiter schlaugemacht? Es scheint so.
Bitte lest hier weiter im Link:
http://www.wiesbadener-kurier.de/lokale ... 331077.htm
Wir müssen von Zeit zu Zeit eine Rast einlegen und warten, bis unsere Seelen uns wieder eingeholt haben. (Indianische Weisheit)